Dienstag, 13. November 2012

Drahtseilakt

Du schiebst etwas vor dir her. Du weißt, es wird nichts ändern, wenn du es ständig nur weiterschiebst. Du weißt, dass es irgendwann über dir zusammenbrechen wird. Dein Netz aus gewollter und vielleicht auch ungewollter Illusionen, aus eingeredeten, völlig absurden Dingen, aus Wegschauen, aus bewusstem Ignorieren und unbeabsichtigtem Vergessen. Irgendwann wird all dies zusammenfallen, deine ast wird dich erdrücken. Zerdrücken. Du weißt all dies, doch änderst du nichts daran.
Um dich herum siehst du Mitmenschen. Alle gehen anders mit ihrer Last um. Manche bauen sie ab, manche können sie einfach fallen lassen, andere machen es genau wie du. Doch das interessiert dich nicht. Kümmert dich nicht. Du hast dein Paket. Doch siehst du, wie hilflos einige andere Menschen sind. Siehst nicht, dass sie dich genauso sehen. Willst es vielleicht auch gar nicht. Du versuchst ihnen ihre Last zu erleichtern. Versuchst sie zu stärken auf ihrem Weg. Doch dir raubt es, wenn auch unmerklich, immer mehr Kraft. Die Kraft, die von Nöten ist, dein eigenen Weg zu gehen. Du verlierst genau diesen aus den Augen. Hüpfst her, zwischen vielen Wegen, in Fußstapfen anderer, machst anderen den Weg leichter, beseitigst Hindernisse. Du bist überall, nur nicht da, wo du sein solltest. Auf deinem eigenen Weg. Du willst ihn gar nicht sehen. Denn du weißt nicht, wo er dich hinführen wird. Du willst nicht, dass sich irgendwas ändert.
Am liebsten würdest du einfach, da wo du bist, anhalten. Dich hinsetzen und nie wieder einen Schritt gehen. Doch auf diese Weise würdest du die anderen verlieren. Sie würden Abstand zu dir gewinnen. Du brauchst sie. Deswegen gehst du ihre Wege mit. Dieses Wege wechseln entzieht dir Unmengen Energie. Du merkst nicht, wie es langsam über dir in die Höhe wächst. Wie dein Kartenhaus der Selbstillusionen zu wackeln beginnt, weil es zu hoch geworden ist. Du trägst weiter die Last der Anderen mit. Redest dir ein, du könntest sie tragen. Sie stützen.
Du merkst, wie deine Muskeln zu beben beginnen. Sie zittern, ohne dass du es kontrollieren kannst. Dein Atem wird flacher, denn das erscheint dir als energiesparend. Dir geht die Luft aus. Vor deinen Augen ist mehr schwarz, unscharf und trüb, als klare Sicht. Dein Schwindelgefühl setzt ein. Dein Kreislauf kommt ins schwanken. Alles bebt in dir. Es bebt. Jedoch ohne ein einziges Geräusch. Deine Außenwelt sieht von all dem nichts. Weder das Muskelzucken, noch der Schwindel oder die fast verlorene Sicht auf das, was vor dir liegt. Auf das, was über dir droht einzustürzen. Auf das, was du nun verzweifelst versuchst zu stützen.
Du bist kurz davor, alles über dir fallen zu lassen. Du hast einfach keine Kraft und keinen Willen mehr, all dies zu stützen. Du kannst nicht mehr. Trotzdem baust du dein Turm immer höher. Immer mehr Steine, mit dem Namen anderer Menschen setzen sich auf seine Mauern. Deine Name ist schwer zu finden in dem Mauerwerk. Fast gar nicht. Ganz unten, kaum zu sehen steht er. Bildet das immer anwesende Fundament. Doch beachtet wird dies nie. Auch lässt du keine Blicke darauf zu. Weder von dir, noch von anderen. Es reicht, nur einen Stein zu bewegen, um alles einstürzen zu lassen.
Du weißt, dass es vorbei ist, wenn du jetzt aufgibst. Du weißt, dass sich viele Menschen auf dich stützen. Dass du all diese Menschen mit fallen lässt. Manche werden härter fallen als andere. Aus einer größeren Höhe stürzen, größeren Schmerz empfinden. Doch du liegst unter all dem. Alles bricht auf dich ein. Du wirst unter allem begraben werden.
Es erscheint jemand neben dir. Jemand, der dir neue Kraft, neue Energie und neuen Mut zu schenken scheint. Doch dafür bestimmt ist diese Person nicht. Das merkst du allzu bald. Du willst sie bitten an deiner Seite zu bleiben. Sie versuchen zu binden. Doch kannst du es nicht, weil du weißt, dass du enttäuscht werden wirst. Du merkst es. Du weißt es. Warum ? Weil es schon immer so war. Warum sollte es jetzt anders sein ? Es ist die gleiche Situation, wie bei jedem Versuch. Es lohnt nicht, das auszusprechen, was in dir vorgeht. Es wird vergeblich sein. Also sparst du dir die Kraft. Stützt weiter deine Last, die Last der anderen und hoffst darauf, dass das Fundament nicht nachgibt. Auch wenn du weißt, dass es das eines Tages tun wird.
Solang kannst aber weiter die begleiten, die dir wichtig scheinen. Ihnen helfen und in allen Situationen zur Seite stehen. Eines Tages wird die Person vielleicht unerwartet erscheinen. Die Person, die dazu bestimmt ist, DICH zu stützen. Vielleicht. Dann, wenn du dir selbst nicht mehr im Wege stehst. Dann wenn du gelernt hast, deine Last zu lindern. Dann, wenn von dir sagen kannst, dass du bereit bist, unterstützt zu werden, dass du es wert bist, unterstützt zu werden. Aber erst dann, kannst du die Person auch erkennen. Vorher wird sie eine Maske tragen. Für dich unsichtbar sein und genauso, wie alle anderen Menschen um dich herum aussehen.
Kampf um Kapitulation ?
Kampf gegen Kapitulation ?
Kampf um dich selbst ?
Kampf gegen dich selbst ?
Kampf für dich selbst ?
Kampf für andere ?
Wofür wendest du die Energie auf. Auf was richtet sich dein Fokus ?
Du weißt es nicht...Wie sollst du für etwas kämpfen, wenn du nicht den Grund, den Zweck und das Ziel kennst ?

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Philipp gib auf dich Acht, hörst du.. ich wünsche dir ganz viel Kraft.
Liebe.

Philipp hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.